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AutorenbildMichael Wälti

Führen und Körpersprache: Teil 2 von 4 - die Kraft der Stimme.

Führungspersonen sind häufig lauter und haben tiefere Stimmen. Wir können uns in diesem Fall die Stimme in der räumlichen Dimension denken. Eine laute Stimme nimmt mehr Raum ein und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Erinnerst du dich an die Grundschule? Wenn du eine Antwort ganz genau wusstest, hast du laut und deutlich gesprochen – eben mit Selbstbewusstein. Als du unsicher warst, hast du vermutlich leiser gesprochen und genuschelt, in der Hoffnung, dass weniger Mitschüler*innen die falsche Antwort hören (oder um bereits deine eigenen Zweifel an deiner Antwort anzuzeigen). Wer sich mit leiser Stimme verbergen will, wirkt ängstlich auf uns und verliert an Autorität. Expertise wirkt da schon entgegen, wird aber häufig übersehen. Wer also Personen führen will, der oder die muss sich trauen, laut und deutlich zu sprechen.


Tiefere Stimmen wirken aus evolutionären Gründen autoritärer (und auch bedrohlicher) auf uns. Eine tiefere Stimme deutet auf einen grossen Resonanzkörper und damit auf mehr körperliche Kraft. Identifizieren wir die Quelle als freundlich gesinnt, beruhigt uns eine tiefe Stimme (Papa’s Stimme zum Beispiel). Wird die Person als Feind identifiziert, empfinden wir Respekt oder gar Furcht. Bei Männern schien eine tiefe Stimme für den Fortpflanzungserfolg ausschlaggebend zu sein, denn ein exklusives Merkmal dieses Geschlechts ist der Stimmbruch. Eine Tiefe stimme half also, um sich gegen andere Männer durchzusetzen. Eine Tiefe gibt den Worten dadurch mehr Kraft.



Wie empfindet ihr diese zwei Stimmen? Klickt dazu den Link.


Unsere Stimmlage ist jedoch physisch festgelegt. Wir können aber lernen, beim Sprechen unseren individuellen Brustton zu verwenden – die ideale Sprechlage, unabhängig von Körpergrösse. Leg dazu eine Hand auf die Brust, denk an dein Lieblingsessen und brumme dann mit vollem Genuss ein M: „Mmmmmm…...“ Wenn du jetzt gespürt hast, wie deine Brust vibriert, warst du in deinem Brustton. Das ist dein Ausgangsort. Von da verwendest du deine ganze Reichweite der Tonlagen, kehrst aber immer wieder hier hin zurück. Dies ist vor allem wichtig, wenn du in einer Diskussion die Oberhand behalten willst. Nicht von Ungefähr wird diese Lage auch „Brustton der Überzeugung" genannt. Meistens klettert die Stimme unter Stress eine halbe Oktave höher. Dies verhinderst du, in dem du den Körper in eine entspannte Lage bringt:


Lehn dich zurück, denk an ein Lächeln (versuche nicht ein Lächeln zu fälschen, denk nur an ein Lächeln) und nimm dir Zeit, um den ganzen Atem ausströmen zu lassen, löse den Bauch und lass die Luft ohne Aufwand in den Bauch strömen. Dann sprichst du weiter.


Manche denken, dass eine Führungsperson sehr flach sprechen sollte. Eine lebendige Sprache mit vielen Tonlagen bewegt aber mehr: Sie wirkt vital. Vitalität und Gesundheit zieht uns an. Einer vitalen Person folgen wir freiwillig und wir zählen sie gerne zu unserem Bekanntenkreis. Bei einer Ansprache willst du also singen beim Sprechen (siehe Obama).



Wo deine Stimme entsteht: Die Stimmlippen (auch Stimmbänder genannt).


Sinkende und steigende Flexion solltest du unterscheiden können. Sinkende Flexion wirkt autoritär und schliesst ab. Menschen in autoritären Berufen wie Grundschul-Lehrer*innen oder Polizist*innen wissen das. Steigende Flexion wirkt eher fragend und setzt deinen Sprechzug fort. Sprich diesen Satz mit steigender Flexion am Ende: "Das Spaghetti flog gerade im hohen Bogen Richtung Wand." Du spürst, es muss noch etwas kommen....... Sprich dann folgenden Satz mit sinkender Flexion am Ende: "Aber Hugo sprang und verschlang das Spaghetti im Flug." Abschluss. Fakt dargelegt. Diese Art Flexion passiert bei einigen Menschen intuitiv, andere dürfen da viel mehr übertreiben, um Spannung in ihre Sprache zu bringen. Denkt an Sportmoderator*innen. Wie wirkt jemand, der oder die bei jedem Satz eine Flexion nach oben macht? Fragend und ratlos. Aber in einem Einzelgespräch kann eine Frageform die Hierarchie abflachen und so die andere Person motivieren: "Könntest du diese Arbeit noch für mich erledigen bitte?" Autorität wird abgegeben, die Entscheidung liegt bei der befragten Person und diese empfindet, dass sie den Auftrag aus eigenem Willen annimmt. Flexion ist vielseitig und sollte dringend von einer Führungsperson angewendet werden.


Studien zeigen: Leute die langsam sprechen, wirken weniger intelligent als Leute, die schnell sprechen. Ich persönlich finde kaum etwas anstrengender, als Führungspersonen, denen gesagt wurde, sie sollen langsamer sprechen, und dann wirkt das so richtig künstlich, schleppend, leidenschaftslos und häufig unpassend mit der Situation. Wenn ihr zu schnell sprecht, müsst ihr nur eins tun: Lernt Laute richtig zu artikulieren. Her mit den Stimmbrecher-Übungen: "Die Katze tritt die Treppe krumm". Wenn ihr nämlich in eurem Mund jeden Laut richtig auskostet, könnt ihr ihr gar nicht zu schnell sprechen. Finde das Tempo, das zu dir passt und geniesse jeden Laut, den du formst. Ich bitte euch: Sprecht nicht bewusst langsam. Danke! Kommst du aber in eine Situation, in der du drohen musst, dann sprich sehr langsam und tief. Sprich jedes Wort überdeutlich und senke dazu das Kinn: "Das. War. Mein. Spaghetti." Sprecht ansonsten fliessend im gut artikulierten Wohlfühltempo und im Einklang mit der eigenen Körperspannung.


Hmmm... also. Ähm... In dem Fall. Also ja. Genau... Solche und ähnliche Füllwörter gehören nicht nur nicht in einen Text, sondern kosten euch Glaubwürdigkeit beim Sprechen. Wenn du Folgendes noch nicht machst, dann fang gleich heute damit an: Übe eine Rede zuhause und film dich z.B. mit Photobooth oder einem ähnlichen Programm. Dann hörst du sofort, wie es um deine Füllwörter oder "Wort-Ticks" steht. Wir müssen hier nicht nach Perfektion streben. Ein Füllwort hier und da wird keine Glaubwürdigkeit verspielen. Zu perfekt wirkt "unmenschlich" und schafft Distanz – kommt also darauf an, was du suchst: Nähe oder Distanz. Füllwörter sind Gedankenlücken, wobei wir diese Lücken mit Lauten füllen statt mir Stille. Das Problem löst du, indem du zwischen Sätzen oder Gedanken mehr Zeit lässt. Es braucht Pausen, vor allem nach wichtigen und Komplexen Inhalten: "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind." (Einstein). Pause. Lass die Menschen über diese Aussage nachdenken, bevor du weitersprichst. Oder wenn du einen Absatz fertig gesprochen hast, positionier dich dann neu im Raum, richte den Blick auf eine andere Person und sprich dann weiter. Das ist wie ein Reset für das Gehirn und gibt dir eine Chance, den nächsten Teil mental vorzubereiten. Vermeide also Füllwörter, indem du die mehr Zeit zwischen den Aussagen lässt.


Die Stimme erfordert Training: Sie hängt mit Körperspannung und Muskelkraft zusammen. Lies abends einige Seiten laut aus einem Buch vor. Such dir Zungenbrecher im Internet und übe sie laut und deutlich. Übe eine Ansprache! Film dich. Such dir ein Stimm-Warm-Up auf Youtube oder belege Gesangsklassen. In kurzer Zeit werdet ihr einen Unterschied bemerken.


Was tun wir mit diesen Informationen? Beobachten wir. Wessen Stimme beeindruckt dich? Wer nuschelt vor sich hin? Wer wirkt autoritär? Hat das mit der Stimme zu tun? Noch besser: Fragen wir! Fragen wir Leute, mit denen wir einen engen persönlichen Kontakt haben, wie unsere Stimme wirkt. Spreche ich leise? Klinge ich langweilig? Dies sind meist spannende Diskussionen, welche viel Aufschluss über das eigene Verhalten geben. Hat dir dieser Blog gefallen, dann hinterlasse gerne ein <3 unten rechts. Wenn du den Blogeintrag in den Sozialen-Medien teilst unterstützt du meine Arbeit! Danke.

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