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  • AutorenbildMichael Wälti

Besessen von Schönheit: Welche äusserlichen Faktoren machen Menschen attraktiv? Teil 2: Körpergrösse



Hast du dich schon mal gefragt, ob es objektive Kriterien gibt, die Menschen attraktiv machen? Oder denkst du, dass die Schönheit ausschliesslich im Auge des Betrachters liegt? Berechtigterweise wird heute das nomierte Schönheitsideal kritisiert. Unsere Gesellschaft wird der Vielfalt der menschlichen Form nicht gerecht und diskriminiert diejenigen, welche nicht dem Ideal entsprechen. Mit dieser Serie will ich Einblick geben, welche Normen uns durch die Evolution eingeprägt wurden und mit welchen Nutzen. Eines ist ganz sicher bewiesen: Attraktive Menschen haben es einfacher. Sie haben mehr Geld, mehr Sex und sind zufriedener. Attraktive Leute wirken auch glaubwürdiger und überzeugender. Das zeigen Ergebnisse in der Forschung bezüglich Körpersprache. Aber welche Faktoren können wir beeinflussen und welche sind einfach gegeben? Was ist attraktiv? Kann eine moderne Gesellschaft diese Barrieren der Äusserlichkeiten durchbrechen?

Faktor 2: Körpergrösse

Während in der Frühzeit des Menschen die Körpergrösse einen Vorteil mit sich brachte (mehr Kraft und mehr Gewicht), könnte wir meinen, dass so eine Äusserlichkeit heute nicht mehr tragend ist. Die Realität zeigt ein anderes Bild. Obwohl kleine Menschen auch in den Top-Positionen in der Wirtschaft oder Politik zu finden sind, haben es grosse Menschen einfacher gute Stellen zu finden, mehr Geld zu verdienen und geniessen mit weniger Aufwand höheres gesellschaftliches Ansehen. Tendenziell sind Frauen weniger stark betroffen als Männer. Eine Studie zeigt zum Beispiel, dass Männer auf Online Dating Sites am häufigsten über ihre Körpergrösse lügen. Wie im Jäger- und Sammlerstamm in der Steinzeit projizieren wir heute positive Eigenschaften in grosse Männer.

Spekulieren wir aus evolutionärer Perspektive, können wir argumentieren, dass ein grosser Mann mehr Schutz bieten konnte – seine Freundschaft war vorteilhaft für uns. Zweitens konnten wir schlussfolgern, dass zumindest seine Mutter Zugang zu wertvollen Ressourcen hatte, um einen grossen Sohn auf die Welt zu bringen und grosszuziehen. Drittens verfügte ein grosser Mann über gute Gene, die ihn gross werden liessen – ein wichtiger Kandidat für Paarung. Dasselbe lässt sich in der Vorgeschichte des Menschen auf Frauen übertragen. Solch simple Zusammenhänge und Eigenschaften boten über hunderttausende von Jahren einen Vorteil im Überlebenskampf. Deshalb sind solche Äusserlichkeiten tief in uns verwurzelt und färben noch heute unsere Urteilskraft.

Grösse war ein Vorteil bei diesen Gesellen

In Studien, bei denen Bilder beurteilt wurden, zeigt sich, dass mehr Körpergrösse mit mehr Dominanz und Kompetenz verbunden wird, sowie mit höheren Gehältern und besseren Stellen. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um Stereotypen, welche in der Gesellschaft so umgesetzt werden: Einerseits erwarten wir mehr Kompetenz und Dominanz von grossen Menschen und projizieren diese Erwartung in sie. Andererseits haben grössere Menschen mehr Selbstvertrauen, weil sie positivere Resonanz erhalten obwohl sie nicht weniger leisten als kleine Menschen. In einer Analyse des MBA (Master of Business Administration) Programms In Pittsburgh wurden signifikante Unterschiede gefunden für den Lohn von männlichen Abgängern: grosse und schlanke Männer verdienten durchschnittlich 8'200 Dollars mehr im Jahr als kleine, übergewichtige Abgänger. Die gleiche Stereotypisierung findet sich auch bereits in der Vorschulzeit. Kinder schätzen grössere Kinder als dominanter, stärker und intelligenter ein als kleine Kinder. Es handelt sich wahrscheinlich um ein stark verwurzeltes gesellschaftliches Phänomen beim Menschen.

Eine interessante Statistik zum Thema Körpergrösse und Macht bei Männern wurde bei den amerikanischen Präsidenten erhoben. Seit 1900 hat in 20 Fällen der Wahlen (in der letzten Runde mit je einem Teilnehmer der demokratischen und republikanischen Partei) der grössere Kandidat gewonnen und in 9 Fällen der kleinere Kandidat. Dies ist ein statistisch signifikanter Unterschied und deutet auf die gleiche Stereotypisierung. Der Unterschied ist aber auch gering genug, um zu zeigen, dass Grösse nicht ausschlaggebend ist.

Da bei Frauen weit weniger Forschung durchgeführt wurde, ist die Datenlage weniger klar. Einiges deutet ebenfalls darauf hin, dass Frauen, die gross und schlank sind, als kompetenter und intelligenter eingeschätzt werden. Jedoch scheint bei Frauen die Einschätzung nach Kompetenz und Dominanz komplexer abzulaufen als bei Männern.

Am Ende will noch mal erwähnt sein, dass die Körpergrösse kein unüberwindbares Hindernis sein muss, um grosse Gehälter und Machtpositionen zu erreichen. Mit diesem Bild will ich diese Aussage beweisen und damit diesen Blog Eintrag abschliessen.

Kleine Männer mit grosser Macht


Quellen:


Burgoon, Judee K., et al. Nonverbal Communication. New York: Routledge, 2016.

Feldman, Robert. S und Rimé, Bernard. Foundamentals of Nonverbal Behavior. New York: Cambridge University Press, 1991.

Matsumoto, David, et al. APA Handbook of Nonverbal Communication. Washington: American Psychological Association, 2016.

Givens, David B., and, White, John. The Routledge Dictionary of Nonverbal Communication. New York, Routlege 2021.


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